„Der 23. Mai sollte uns erinnern lassen“

Offene Gedanke zu einem historischen Tag

Am 23. Mai 1949 unterzeichneten der Präsident und die beiden stellvertretenden Präsidenten des deutschen parlamentarischen Rates ein am 8. Mai 1949 beschlossenes Gesetz, welches für die Bürgerinnen und Bürger des Landes eine bedeutungsvolle Wende nach dem 2. Weltkrieg mit sich brachte.

Nach Jahren der Grausamkeiten durch das Naziregime und der Zerstörung unseres Landes, konnte die Diktatur aus Deutschland vertrieben werden und die Demokratie trat an deren Stelle. Deutschland kämpfte fortan nicht mehr gegen den „Feind“, sondern für einen raschen Wiederaufbau und für die Freiheitsrechte seiner Bürgerinnen und Bürger.

Am 8. Mai 1949 beschloss der parlamentarische Rat das bedeutungsvollste Gesetz der deutschen Geschichte, welches am 23. Mai in Kraft gesetzt wurde, das deutsche Grundgesetz.

Gerade in Zeiten der aktuellen Coronapandemie werden die „Rufe“ nach unseren Grundrechten aus diesem Gesetz laut. Wir erleben nach 71 Jahren wieder Einschränkungen und Sanktionen in unseren Grundrechten. Grundrechte die wir uns hart erkämpfen mussten. Aber wer sind „wir“ die hart für die Grundrechte kämpfen mussten? Wer sind „wir“ die eine Zeit in Krieg und Verfolgung erleben mussten und aus den Trümmern unser Land wieder aufgebaut haben? Die meisten Menschen in unserem Land haben jedenfalls ein Leben ohne Grundrechte nie kennengelernt.

Für die allermeisten ist es das erste Mal in ihrem Leben, dass sie ein Leben mit Einschränkungen und Sanktionen „aushalten“ müssen. Erstmals nach dem 2. Weltkrieg erleben Menschen wieder so etwas wie eine „Bedrohung“ für Leib und Leben oder aber haben berechtigte Sorge um ihre finanzielle Lebensgrundlage und um ihre Zukunft.

Und wofür das Ganze? Wegen einem Virus der möglicher Weise für die allermeisten Menschen kaum wahrnehmbar ist oder nur zu einer „bedeutungslosen Erkältung“ führt? Ein Virus der ähnlich wie die Grippe nun eben auch hier und da mal einen etwas schwereren Krankheitsverlauf nehmen kann und na gut, dem ein oder anderen hochaltrigen Menschen oder einem Menschen mit Vorerkrankung, der sogenannten Risikogruppe, auch das Leben kosten kann? Ist es da nicht vollkommen in Ordnung hier die Frage nach der Verhältnismäßigkeit zu den angeordneten Einschränkungen und Sanktionen zu stellen? Ist es da nicht ebenso in Ordnung diese zu kritisieren und öffentlich hierzu seine Meinung zu äußern?

Ja, das ist es. Das deutsche Grundgesetz gibt uns in Artikel 5 Absatz 1 die Freiheit hierzu. Aber in Artikel 2 unseres Grundgesetzes steht nun ebenso geschrieben; „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit….“.

Dieses Grundrecht sagt also aus, dass jeder das Recht hat sich nicht mit dem neuen Virus zu infizieren und hieran erkranken zu müssen. Der Staat somit alles erdenklich mögliche unternehmen muss um ein Risiko an Ansteckung zu reduzieren und oder zu verhindern. Ebenso hat jeder einen Anspruch auf die bestmögliche medizinische Versorgung im Erkrankungsfall und der kann ja auch durch andere Ursachen eintreten. Wenn das nun zur Folge hat das hierzu andere Grundrechte eingeschränkt werden müssen, dann müssen wir als Gesellschaft eine hohe Solidarität miteinander – füreinander aufbringen, denn einen Eingriff in die Grundrechte betrifft uns alle. Aber wie schon vor 71 Jahren sind es alleine die Menschen die gemeinsam etwas schaffen können und diese „schwere“ Zeit auch gemeinsam bestehen werden. Für viele Menschen war das Grundgesetz wahrscheinlich noch nie so „spürbar“ wie dieser Tage da vieles bisher einfach selbstverständlich war. Vergessen wir also nicht was am 23. Mai 1949 geschaffen wurde und wie wertvoll die Grundrechte für jeden sind. Lernen und akzeptieren wir gemeinsam, dass die Erfüllung einzelner Grundrechte es manchmal erfordert, dass andere im Ausnahmefall hierfür eingeschränkt werden müssen. Das verlangt eine neue gesellschaftliche Loyalität und diese wird gestärkt durch ein Gesetz, welches am 23. Mai 1949 nach der schwersten Zeit unseres Landes in Kraft gesetzt wurde – das deutsche Grundgesetz.